"Die Schweiz findet in Luzern statt", heißt es über den Kanton in der Zentralschweiz. Und tatsächlich findet man in der Region alle für die Schweiz typischen Merkmale: moderne Städte mit historischen Altstädten, beschauliche Dörfer, Seen und Berge. Bei der Beschaffung neuer Rettungswagen für den Rettungsdienst des Kantonspitals Luzern (RD LUKS) galt es unter anderem diese Vielfalt zu berücksichtigen. Im Rahmen einer Ausschreibung war das LUKS gefordert, ein Fahrzeugkonzept zu realisieren, das den geographischen, städtebaulichen, medizinischen und ökonomischen Anforderungen des Rettungsdienstes gerecht wird.
Der RD LUKS ist für die notfallmedizinische Versorgung von ca. 360.000 Einwohnern des größten Teils des Kantons Luzern verantwortlich. Pro Jahr werden rund 15.000 Einsätze gefahren, von denen nur ca. 15 % reine Krankentransporte bzw. Verlegungsfahrten ausmachen. Auf den Stützpunkt Luzern entfallen die meisten Einsätze, da er im dicht besiedelten Gebiet der Stadt Luzern liegt. Gelegentlich rückt das Rettungsdienstpersonal von dort aber auch ins voralpine Gelände rund um das Pilatus-Bergmassiv aus. Die beiden anderen Stützpunkte, Wolhusen und Sursee, liegen in ländlich strukturierten Regionen.
Den geographischen und städtebaulichen Anforderungen entsprechend wurde ein Kofferaufbau von WAS auf Fahrgestellen mit unterschiedlichen Antriebsarten realisiert: Allradantrieb für die sichere Fahrt in den Bergen und bei Schnee, sowie Heckantrieb für den Einsatz auf kürzeren, innerstädtischen Strecken
Ambulanzkoffer vs. Kastenwagen
Doch hätte man dies nicht auch weiterhin mit Kastenfahrzeugen umsetzen können? Für den Wechsel des Basisfahrzeugs vom Kastenwagen hin zum Chassis mit Ambulanz-Kofferaufbau sprachen viele Gründe. Zum einen sieht der RD LUKS betriebswirtschaftliche Vorteile, da der Kofferaufbau doppelt so lange eingesetzt werden kann wie das Basisfahrzeug. Das heißt, dass nach wirtschaftlichem oder technischem Verschleiß des Fahrgestells der vorhandene Ambulanzkoffer auf ein neues Fahrgestell umgesetzt wird. Das ist deutlich günstiger als eine komplette Neubeschaffung, wie sie bei Rettungswagen mit Kastenaufbau notwendig wäre. Zum anderen liegt ein Vorteil ganz klar in der optimierten Raumnutzung. An den senkrechten Kofferwänden kann das Rettungsdienstpersonal auf Schränke und Stauräume von außen und innen zugreifen. Der um 30-40% größere Patientenraum im Ambulanzkoffer schafft mehr ergonomische Freiräume und die Möglichkeit, alles Material und die Medizintechnik sicher hinter Klappen und in Staufächern zu verlasten.
Unterwegs mit schmalem Gepäck
Der Kofferaufbau aller Fahrzeuge ist mit 2040 mm nur unwesentlich breiter als die Fahrerkabine, wodurch das Fahrzeughandling in engen Gassen und auf schmalen Wirtschaftswegen erheblich einfacher wird. Beide Antriebsarten, die allrad- und die heckgetriebene Version, haben eine max. Fahrzeughöhe von 2800 mm. Der Kofferaufbau wurde durch die WAS entsprechend angepasst, damit auch ältere Garagen und Durchfahrten in Luzern befahren werden können. Dachfenster, Antennen und Dachlüfter wurden direkt in das Kofferdach integriert, um die Aufbauhöhe zu minimieren und Beschädigungen zu vermeiden.
Clever gepackt, effizient ausgestattet
Die gesamte Ausstattung der neuen RTW ist auf die speziellen Anforderungen am Einsatzort ausgerichtet. Die häufigsten Einsatzindikatoren im Einzugsgebiet des RD LUKS sind Herzinfarkte, Schlaganfalle, Atemnot und Krampfanfälle sowie Stürze, Arbeits- oder Verkehrsunfälle. Das für diese Fälle benötigte Bergegerät und die entsprechende Medizintechnik gehören gemäß EN 1789 zur festen Ausstattung der Rettungswagen und alles wird vernünftig verstaut und gut zugänglich im Kofferaufbau mitgeführt. Das bei bisher eingesetzten Ambulanzfahrzeugen im Innenraum transportierte Bergematerial, hat zukünftig seinen Platz in Außenstaufächern, damit im Patientenraum nur das notwendigste Material zur Versorgung des Patienten bereitgehalten werden muss. Durch eine spezielle Entnahmeklappe auf der linken Seite kann der Fahrer von außen das Absaug- und das EKG-Gerät entnehmen. Fazit: Mehr Zeit für den Patienten und optimale Rettungsroutine.
Planen, wo die Reise hingeht
Auch bei den Details, die nicht unmittelbar mit der Entscheidung zum Kofferaufbau zusammenhängen, standen für den RD LUKS Sicherheit und Zukunftsfähigkeit an erster Stelle. Das integrierte Fahrtragen-System der Firma Stryker entlastet das Rettungsdienstpersonal erheblich, da das Anheben und verladen des Patienten in den RTW mit elektromotorischer Unterstützung erfolgt. Alle Möbelmaterialien und Oberflächen im Patientenraum sind anorganisch, schlag- und kratzfest und somit auch äußerst resistent gegen Reinigungs- und Desinfektionsmittel. Die komplette Beleuchtung und Warnanlage des Fahrzeugs ist in LED-Technik ausgeführt - das reduziert gleichzeitig Stromverbrauch und Wartungsaufwand.
Durch das neue Fahrzeugkonzept legte der RD LUKS vorab ganz genau fest, wo die Reise hingehen soll. Nur so kann sichergestellt werden, dass die neuen Rettungsfahrzeuge nicht nur in vielen Punkten deutlich mehr Vorteile für die Patientenversorgung bieten, sondern auch langfristig auf dem allerneusten Stand sind.
Der Rettungsdienst LUKS beschafft sich neue Rettungswagen mit Kofferaufbau von der Firma Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeuge GmbH (WAS) aus Deutschland. Bis dahin waren die Rettungsfahrzeuge vom Typ Kastenwagen im Einsatz. Jeweils nach 250.000 km wurden sie ersetzt, dies entspricht der ungefähren Fahrzeit von sechs Jahren. Die neuen RTW sind durch die Möglichkeit des Kofferwechsels deutlich wirtschaftlicher. Den Service für die neuen Fahrzeuge übernimmt die Rusterholz AG aus Richterswil, somit sind die Wege sehr kurz und eine hohe Einsatzbereitschaft ist sichergestellt.
Dieser Artikel erschien auch in "Blaulicht - Fachzeitschrift für Brandschutz und Feuerwehrtechnik" Septemberausgabe 2017.